Kurzinhalt:
Nach einem schrecklichen Busunglück sitzen die sechs Touristen in einem entlegenen brasilianischen Dorf direkt am Strand fest. Im Laufe der Zeit stellen sie fest, dass sich hinter den eigentlich idyllischen weißen Sandstränden und dem üppigen Regenwalddschungel ein grauenerregendes Geheimnis verbirgt. Die „Turistas“ bestehen aus Alex, seiner Schwester Bea, deren bester Freundin Amy, einer Australierin namens Pru sowie den englischen Kumpels Finn und Liam.
Originaltitel: Turistas
Jahr: 2006
Genre: Terrorfilm, Backwoodhorror, Survival
Kinostart: 16.03.2007
3D: Nein
Altersfreigabe: ab 18 Jahren – FSK
Produktionsland: USA
Regie: John Stockwell
Drehbuch: Michael Arlen Ross
Musik: Paul Haslinger, Thomas Newman
Produzenten: Marc Butan, Scott Steindorff, John Stockwell, Bo Zenga, Mark Cuban, Rick Dallago, Elaine Dysinger, Kent Kubena, Scott LaStaiti, Todd Wagner
Darsteller: Josh Duhamel, Melissa George, Olivia Wilde, Desmond Askew, Beau Garrett, Max Brown, Agles Steib, Miguel Lunardi, Jorge Só, Diego Santiago, Gustav Roth, Olga Diegues
Kritik:
Von Sebastian Notbom
Prüfungsmedium: Stream (Amazon Prime)
Nach einer recht langen Durststrecke – basierend auf dem wachsenden VHS-Heimkinomarkt der Achtziger Jahre – hat den Horrorfilm Mitte der Neunziger Jahre wohl maßgeblich Wes Cravens Slasher-Homage Scream für die große Leinwand wieder populär gemacht. Es dauerte jedoch bis in die frühen Zweitausender, dass eine andere, noch „realistischere“ und deutlich härtere Richtung eingeschlagen wurde. Der Ursprung dieser Terrorfilm und Folter-Horror-Welle liegt in Frankreich (aka „Neue französische Härte“) und wurde mit Hilfe diverser internationaler Filmfestivals um die ganze Welt gespült.
Filme wie High Tension, Inside, Martys und Frontier(s) schlugen bei den Genrefans ein wie eine Bombe und wurden im Mainstream zu einer Art Mutprobe. Plötzlich mussten auch diverse Remakes alter Klassiker her, deren Originale vom Härtegrad mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen wirkten und die Dank der damaligen Regierung (SPD unter Schröder) auch relativ ungeschoren durch die Prüfungsinstanzen der FSK kamen (ein gutes Beispiel hierfür ist Wrong Turn). Quentin Tarantino himself brachte unter der Regie von Eli Roth (Cabin Fever) Hostel weltweit in die Kinos und der Australier James Wan (Insidious, Conjuring) wurde mit seinem harten Thriller Saw zu einem Garant für richtig gute Horrorfilme. England kam mit Titeln wie Wilderness, The Descent und Eden Lake um die Ecke und düngte mit Severance den Boden für deftigen schwarzen Humor im Genre.
Genau zu dieser Zeit richtete 20th Century Fox seine Suchscheinwerfer (Fox Searchlight) in den Himmel, um handwerklich gut produzierte Horrorfilme, speziell aus dem amerikanischen Raum weltweit in die Kinos zu bringen. Das lohnte sich eine Zeit lang, denn so edel viele Genrefilme zu der Zeit aussahen – auch dank neuer, digitaler Kameratechnik – so waren sie vor allem eines: verhältnismäßig günstig in der Produktion… und somit natürlich ein finanzieller Erfolgsgarant; ein Risiko, dass sich sehr leicht kalkulieren lies. Was jucken 20th Century Fox schon z.B. 4 Millionen Dollar Produktionskosten, wenn ein Film kein großer Erfolgt wird; sprich mäßig an den Kinokassen abschneidet und vielleicht „nur“ 10 Millionen wieder einspielt? – Das Geld ist auf jeden Fall wieder in den Kassen und ein kleiner Bonus noch dazu. So kalkulieren aktuell (Stand 2023) auch wieder Indie-Filmproduzenten und -Autorenfilmer von z.B. Winnie the Pooh: Blood and Honey und der Terrifier-Reihe…
Tatsächlich lag das Budget von Turistas bei ca. 10 Millionen US-Dollar und insgesamt konnte der Terrorfilm letztendlich nur 14 Millionen an den Kinokassen einspielen; wohlbemerkt am Startwochenende in den USA und Kanada. Bis auf Vorführungen auf dem Fantasy Filmfest blieb Turistas eine offizielle Kinoauswertung in Deutschland leider verwehrt. Auf dem Heimkinomarkt lief es dann auch eher schleppend, denn aus irgendeinem Grund wurde kaum Werbung für diese Genreperle gemacht (mir selbst wurde der Film damals von einem Kumpel meines Vaters empfohlen). Darum musste ich auch echt lange und erfolglos nach dem Titel suchen, als ich während der Coronazeit wieder Lust auf ein paar „Klassiker“ bekam. Die Unrated Fassung von Ruinen war kein Problem (sehr empfehlenswert), aber Turistas hingegen habe ich – bis auf das sehr teure Mediabook – nirgends gefunden. Und jetzt plötzlich, zwei-drei Jahre später, ploppte der Streifen auf meiner Amazon Prime Startseite im ‚Home of Horrors‘-Channel (Tiberius Film) auf…
An dem Abend war meine Verlobte müde, hatte eine harte Woche hinter sich und schlief bereits neben mir auf der Couch. Also dachte ich mir, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, mir diesen verkannten, modernen Klassiker mal wieder anzuschauen. Ein positives Kriterium – was bedeutet, dass ich mit meiner Meinung wohl nicht ganz falsch liegen kann – ist, dass meine bessere Hälfte wach wurde und Turistas trotz überwältigender Müdigkeit nahezu von Anfang bis zum Ende mit geschaut hat. Das zeugt meiner Meinung nach von einer durchaus interessanten Storyline, einer motivierenden Spannungskurve, ansprechender Qualität und überzeugendem Schauspiel…
Die Kameraführung ist hier angenehm verspielt, aber nicht zu wild für alternde Horrorfans. Es fällt einem stets leicht sich im Film zu orientieren; außer bei einer längeren Unterwasserszene, auf die ich, um nicht zu spoilern, nicht im Detail eingehe. Diese wurde aber bewusst so inszeniert, um Orientierungslosigkeit und leichte Klaustrophobie beim Zuschauer zu erzeugen. Wenn man allerdings an die Höhlenhorrorfilme The Descent, Katakomben oder z.B. Die Höhle (meiner Meinung nach auch ziemlich underrated) denkt, dann wirken die Unterwasserszenen hier viel zu hell und weitläufig. Vielleicht hätte man mit einer Art Restlichtverstärker-Optik arbeiten sollen (egal ob gefilmt oder nachbearbeitet), um etwas mehr Immersion zu erzeugen… Ich erwähne dies, weil sich bei Kritiken zu diesem Film immer sehr viel auf die Unterwasserszenen bezogen wird, die dem geneigten Publikum damals scheinbar des Öfteren Schnappatmung verursacht haben.
Der bodenständige Horror in Turistas ist kein großes Geheimnis. Bereits im Intro des Films werden Berichte über verschwundene Kinder und Einheimische eingeblendet, die behaupten, dass eine Organhandelmafia für das Verschwinden verantwortlich ist, welche entnommene Organe an reiche Leute in den USA verkauft. Ein brasilianischer Arzt scheint den Spieß umdrehen zu wollen, wobei ihm natürlich jedes Mittel Recht ist an die Organe irgendwelcher Backpacker-Rich-Kids zu gelangen. Das lässt die Geschichte sehr nachvollziehbar und realistisch wirken, auch wenn sie natürlich das Land Brasilien gefählicher erscheinen lässt, als es in Wirklichkeit der Fall ist (in Brasilien entstanden nach der Veröffentlichung von Turistas tatsächlich heiße Kontroversen auf politischer Ebene)… hier sind es auf jeden Fall keine kannibalistischen Ureinwohner, oder Monster im Dschungel, die den „Turistas“ nachstellen…
Fazit:
Regisseur John Stockwell (Into the Blue) ist für seine Bikini-Abenteuer bekannt und auch hier haben wir es mit relativ leicht bekleideten Protagonisten zu tun: Nach einer ausschweifenden Party am Strand müssen die titelgebenden Touristen feststellen, dass ihnen etwas in die Drinks gemischt wurde, um sie letztendlich auszurauben (Geld, Papiere, Klamotten). Wie schlimm es dann aber tatsächlich noch wird, davon haben sie natürlich keine Ahnung…
Turistas wurde irgendwo zwischen absolut solide und hochwertig für das Kino inszeniert und bietet eine kurzweilige, nachvollziehbar-glaubwürdige und sehr spannende Geschichte; mit ansprechend hohem Härtegrad.
An den schauspielerischen Leistungen gibt es nichts auszusetzen. Vor allem Melissa George (A Lonely Place to Die, 30 Days of Night, Triangle) sehe ich immer wieder gerne in Horrorfilmen. Auch Josh Duhamel (Transformers-Reihe, Movie 43) ist mittlerweile ein recht bekanntes Gesicht.
Ich empfehle allen Südamerikaurlaubern sich diesen Film vor ihrem Trip anzuschauen… auch wenn Turistas die Gefährlichkeit Brasiliens ziemlich übertrieben darstellt, was aber nichts an der Plausibilität der Story ändert!
5 von 6 Punkten
DVD / Blu-ray / Mediabook
Verleih: Leonine Studios
Verleihstart: 04.06.2007 (DVD)
Verkaufstart: 04.06.2007 (DVD), 20.12.2019 (Mediabook, Blu-ray)
Verpackung: Amaray / Blu-ray Hülle, Madiabook
Discs enthalten: 1 (2 im Mediabook)
Wendecover: Unbekannt
Schuber: Nein
Ton:
• Deutsch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS-HD Master Audio 5.1)
• Englisch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS-HD Master Audio 5.1)Untertitel: Deutsch
Bildformat: 2,35 : 1
Blu-ray & VoD Auflösung: 1080p / 24Hz
4K UltraHD Auflösung: –
Laufzeit 25Hz: ca. 90 Min. (DVD)
Laufzeit 24Hz: ca. 93 Min. (Kino, Blu-ray)
Uncut: Ja (FSK 18)
Extras:
• Deleted Scenes
• 12-seitiges Booklet (Madiabook)
• Audiokommentar mit John Stockwell und Kent Kubena (Mediabook)
• DVD-Version (Madiabook)
• Trailer