Kurzinhalt:
Jahrhundertelang wurde Renfield gezwungen, die Beute seines Meisters zu beschaffen und dessen Befehle auszuführen – ganz gleich, wie unwürdig sie waren. Doch nun ist Renfield bereit, aus dem Schatten des Fürsten der Finsternis herauszutreten und ein neues Leben zu beginnen. Dazu muss es ihm jedoch gelingen, diese toxische Beziehung zu beenden…
Originaltitel: Renfield
Jahr: 2023
Genre: Horrorkomödie, Action, Splatter
Kinostart: 25.05.2023
3D: Nein
Altersfreigabe: ab 16 Jahren – FSK
Produktionsland: USA
Regie: Chris McKay
Drehbuch: Ryan Ridley, Robert Kirkman, Ava Tramer
Musik: Marco Beltrami
Produzenten: David Alpert, Bryan Furst, Sean Furst, Robert Kirkman, Chris McKay, Samantha Nisenboim, Todd Lewis
Darsteller: Nicholas Hoult, Nicolas Cage, Awkwafina, Ben Schwartz, Shohreh Aghdashloo, Brandon Scott Jones, Adrian Martinez, Camille Chen, Bess Rous, Jenna Kanell, Danya LaBelle, Rhonda Johnson Dents, Christopher Matthew Cook, Michael P. Sullivan, Rosha Washington, James Moses Black, T.C. Matherne, Caroline Williams, Marcus Lewis, Derek Russo, Marvin Ross, Gabriel ‚G-Rod‘ Rodriguez, Dave Davis, Keith Brooks, Joshua Mikel, Chloe Adona, Stephen Louis Grush, Christopher Winchester, John Cihangir, Brian Egland
Kritik:
Von Sebastian Notbom
Prüfungsmedium: Stream (Amazon Prime)
Für all diejenigen, die mit klassischer Monster-Horror-Literatur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts nicht vertraut sind: Renfield ist der Lakai des Grafen Draculas; ein ehemaliger Anwalt, der es ‚Vlad dem Pfähler‘ ermöglichen sollte aus dem Karpaten in Rumänien nach London/England in das verwahrloste ‚Carfax Abbey‘ zu migrieren und dabei auch für die Nahrungsbeschaffung am Tage und die Genesung des Grafen, z.B. nach Auseinandersetzungen mit Vampirjägern zuständig ist. Stets unter dem Einfluss Draculas kann er mit Hilfe des Verzehrs von Insekten kurzzeitig übermenschliche Kräfte aktivieren, die es ihm erleichtern seinem Meister zu dienen und ihn zu beschützen.
Im Vergleich zum ursprünglichen Roman Bram Stokers (1897) wurden später in den sogenannten ‚Penny Dreadfuls‘ (Groschenromanen) die Rollen des Anwalts Jonathan Harker und Renfield vertauscht bzw. wurden Renfield Jonathan Harkers Aufgaben übertragen, der wiederum gar nicht mehr vorkam.
Auf Grund dieser Tatsache haben wir es hier mit einer direkten Fortsetzung der ersten offiziellen filmischen Adaptionen durch die Universal Studios von Bram Stokers klassischem Roman aus dem Jahr 1931 zu tun – mit Bela Lugosi in der Hauptrolle – die eigentlich auf einem erfolgreichen Bühnenstück aus dem Jahr 1927 basiert; aber falls ihr den späteren Film Bram Stoker’s Dracula von Kultregisseur Francis Ford Coppola nicht kennt, würde ich empfehlen zumindest vorher diese kleine filmische Bildungslücke zu schließen. In dieser deutlich näher am Original orientierten, moderneren Umsetzung von 1992 sehen wir u.a. Keanu Reeves als Jonathan Harker in einer seiner früheren Hauptrollen und können so eine gedankliche Brücke schlagen, denn Renfield – als „losgelöste Fortsetzung“ des Universal Klassikers Dracula (1931) – ist kaum besser zu beschreiben als eine Art John Wick versus Dracula, mit viel Blut und knackigem Humor!
Die Action ist vergleichbar mit Netflix‘ durchaus empfehlenswertem Kracher Day Shift, wobei der Splatter-Faktor bei Renfield nochmal eine Nuance höher angesetzt wurde. Leider wirken die schön übertrieben Effekte sehr digital, was dem Spaß an ihnen aber keinen Abbruch tut. Die Kampfchoreografien befinden sich bei beiden Filmen auf einem etwa gleichen Niveau… Diesbzüglich interessant ist vor allem Hauptdarsteller Nicolas Hould (Warm Bodies, The Menu), den man eigentlich nicht mit krasser Action in Verbindung bringt; obwohl er bereits in Mad Max: Fury Road top Action-Performances abgeliefert hat. In den X-Men-Filmen ist er leider etwas untergegangen, aber ich mag den Dude, denn irgendwie sind alle Filme mit ihm auf ihre ganz eigene Art und Weise stets gut… auch Nicolas Cage (The Rock, Pig, Mandy, Mom & Dad, Die Farbe aus dem All) wirkt hier – natürlich auf gewohnt angenehm überdrehte Art und Weise – sehr überzeugend als Fürst der Finsternis, der sich kurzerhand dazu entschließt sein Schattendasein in der Kanalisation hinter sich zu lassen und die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Was mir an diesem komödiantischen und bluttriefenden Genrefilm besonders gefällt, ist die vierfach konträre „Fish out of the Water“-Story, die sich zwischen dem titelgebenden Renfield, Dracula, dem organisierten Verbrechen und der Polizistin Rebecca entwickelt: Renfield versucht sich in dieser Zeit (bereits seit neunzig Jahren im Bann des blutsaugenden Grafen) innerhalb einer Selbsthilfegruppe aus seiner narzisstisch geprägten Beziehung zu seinem „Partner“ zu lösen; der „klassische“ Herr der Finsternis kommt daraufhin in Kontakt mit einem modernen Verbrechersyndikat und die dagegen – bisher erfolglos – ankämpfende, frustrierte, aber sehr bodenständige Streifenpolizistin Rebecca (Awkwafina) bekommt tiefe Einblicke in die Welt des Übernatürlichen. Trotz des eingewobenem und zugegeben austauschbaren Mafia-Plots schließt sich irgendwann der Kreis und alle Parteien werfen sich geschickt komödiantische Bälle zu, bei denen kaum ein Auge trocken bleibt. Dabei wird eine halbwegs ernsthafte Grundlage in Bezug auf Abhängigkeiten (Narzissmus) zum Glück nicht außer Acht gelassen, so dass Renfield nicht zu einem reinen Splatstick-Film verkommt.
Der Humor ist sehr schwarz und teilweise hart übertrieben, dabei aber meistens auch sehr fein ausgearbeitet und oftmals gewürzt mit einer Prise zeitgenössischer Sozialkritik, die aber zu keinem Zeitpunkt aufdringlich wirkt.
Nicolas Hoult ist der perfekte Darsteller für innerlich hin und her gerissene Rollen. Auf seine nahezu perfekte Performance brauchen wir hier nicht näher einzugehen, denn sie spricht für sich selbst…
Nicolas Cage wurde für diesen Titel on-point als ein aus der Zeit gefallener Dracula gecastet, der sich für diese, einer seiner sehnlichst herbeigesehnten Rollen sogar die Zähne teilweise hat abfeilen lassen, damit das schön übertrieben inszenierte Dracula-Gebiss auch möglichst gut sitzt. Tatsächlich wurde seine Tendenz zum Overacting, die erstaunlich oft für Memes im Internet herhalten musste, hier äußerst gut und vor allem passend angewendet!
Nebenbei hat mir hier besonders gut die Schauspielerin und Autorin Awkwafina (Jumanji: The Next Level, Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings) gefallen, die auf Grund sehr körperlicher Darstellungen der Emotionen ihrer Rolle besonders ulkig, dabei aber stets überzeugend wirkt.
Fazit:
Wer auf krass choreografierte Action und auf Splatter steht, gepaart mit tonnenweise schwarzem Humor, der ist hier an der richtigen Adresse. Gebt dem Film eine Chance, denn er ist wirklich äußerst witzig, kurzweilig und erzählt eine grundsätzlich gut ausgearbeitete Story (bis auf die leicht aufgesetzt wirkende Mafia-Sache; aber hey, man braucht auch Kanonenfutter)! Renfield ist ein super wilder, bluttriefender und insgesamt echt unterhaltsamer Genere-Mix. Eines meiner persönlichen Genre-Highlights des Jahres 2023!
Tatsächlich wurde Renfield ursprünglich innerhalb des Kanons des kürzlich gescheiterten (?) ‚Universal Monsterverse‘ geplant (Die Mumie, Der Unsichtbare etc.). Ob daraus noch was wird, das werden wohl die globalen Einspielergebnisse dieses Films zeigen… gerne dann weiterhin genau so witzig und splatterig! Renfield könnte darin zu einer Schlüsselfigur werden, ähnlich wie es in den Penny Dreadfuls des letzten Jahrhunderts der Vampirjäger Professor van Helsing ist.
5 von 6 Punkten
DVD / Blu-ray
Verleih: Universal Pictures
Verleihstart: 10.08.2023 (VoD)
Verkaufstart: 10.08.2023 (DVD, Blu-ray)
Verpackung: Amaray / Blu-ray Hülle
Discs enthalten: 1
Wendecover: Unbekannt
Schuber: Nein
Ton:
• Deutsch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS High Resolution Audio 7.1)
• Englisch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS-HD Master Audio 7.1)
• Französisch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS High Resolution Audio 7.1)
• Italienisch: DD 5.1 (Blu-ray: DTS High Resolution Audio 7.1)Untertitel: Deutsch, Englisch, Niederländisch, Französisch, Italienisch
Bildformat: 2,39 : 1
Blu-ray & VoD Auflösung: 1080p / 24Hz
4K UltraHD Auflösung: –
Laufzeit 25Hz: ca. 90 Min. (DVD)
Laufzeit 24Hz: ca. 93 Min. (Kino, Blu-ray)
Uncut: Ja
Extras:
• Unveröffentlichte und erweiterte Szenen
• Audiokommentar
• Behind the Scenes
• Featurettes
• Trailer